Äthiopien – Im Reich der Königin von Saba

„Siehe, dort fand ich eine Frau, die Königin über sie ist“

Äthiopien, gehört sicher nicht zu den klassischen Reisezielen des Mitteleuropäers. Im Gegenteil, mit Äthiopien verbinden wir nur zwei Assoziationen, hungernde Menschen und Langstreckenläufer der Weltklasse.

Doch Äthiopien ist mehr. Äthiopien ist eine echte Überraschung. Grandiose Landschaften im Hochland, farbenprächtige christliche Kultur und vor allem die ethnische Vielfalt der Menschen.

Paradox ist, dass unsere Reise in den Norden zunächst nach Süden führt, nach Harar, der „weißen Stadt“, die im 13. Jahrhundert, als muslimisches Sultanat gegründet wurde und in der Menschen vieler Ethnien und Bekenntnisse friedlich zusammenleben. Harar ist die einzige Stadt Ostafrikas, die durch eine Stadtmauer befriedet ist, welche die Altstadt mit ihren Handelshäusern und bunten Märkten umschließt. In früheren Tagen wurden die fünf Tore der Stadtmauer bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen. Die Menschen blieben dann in Ihren Behausungen, da Hyänen in die Stadt eindrangen, und wie eine Gesundheitspolizei für Hygiene sorgten. Aus dieser Tradition heraus, gibt es auch heute noch Hyänen-Männer, die Rudel von bis zu 40 wilden Hyänen an zentralen Plätzen in der Stadt halten und, als Attraktion für Besucher, füttern.

Der Tana-See, im westlichen Hochland, beheimatet nicht nur zahlreiche kleine Inselklöster, mit wunderschönen Kirchen, aus dem 14. Jahrhundert, sondern ist eine Hauptquelle unserer  Zivilisation. Den Ausfluss des Tana-Sees kennen wir als Blauen Nil. Unweit von hier fallen über eine Abbruchkante, die inzwischen zum Rinnsal verkommenen Fluten dieses mächtigen Stroms. Trotzdem ist es eine Tatsache, dass nicht die Wassermassen des Weißen Nils zu den jährlichen Nilhochwassern in Oberägypten führten, sondern die nährstoffreichen Zuflüsse aus dem Blauen Nil.

Eine Tagesreise nördlich liegt Gondar mit seinen mittelalterlich anmutenden Bauten. Während die meisten der Kirchen rund um den Tana-See, „Rundkirchen“ sind, hat die Kirche Debre Berhan Selassie ein kreuzförmiges Kirchenschiff. Neben den üppigen Wandmalereien ist die Kirche weltberühmt für die mit zahlreichen Engelköpfen ausgemalte Kassettendecke. Die Blütezeit Gondars, in der die Stadt auch Hauptstadt Äthiopiens war, fällt in die Zeit von Kaiser Fasilidas (1632 – 1667). In dieser Zeit wurde mit dem Bau des Gemp begonnen, der einzigen Wehranlage Ostafrikas, die einer Burg gleicht. Ebenfalls in diese Zeit, fällt die Errichtung des „Bades des Fasilidas“. Das kleine Wasserschloß steht inmitten eines mit großen Bäumen bewachsenen Gartens.

Unserer Route durch die Simien-Berge des Hochlandes folgend, ist Axum unser nächstes Ziel. Der Legende nach ist Axum eine Gründung der sagenumwobenen Königin von Saba. Vom 1.–7. Jahrhundert war Axum Hauptstadt des amharischen Reiches und durch seine zentrale Lage auch Knotenpunkt im Handel mit den Mittelmeerstaaten, Indien und den Stämmen Afrikas. Wer heute die beschauliche Ruhe Axums genießt, muss nur die Augen schließen und sich weit zurückträumen, in die Zeit, in der arabische Sklavenhändler, indische Gewürzhändler und Seefahrer vom persischen Golf das Straßenbild prägten. Übriggeblieben von dieser Pracht ist nur wenig. Zu den Highlights gehören die Kathedrale Mariam Sion, in welcher das größte Heiligtum Äthiopiens, – die heilige Bundeslade mit den Tafeln der zehn Gebote, – aufbewahrt wird. Historisch noch bedeutender ist der Stelenpark von Ezana. Dieser stammt aus vorchristlicher Zeit und entstand ungefähr zu jener Zeit, in welche auch die Errichtung der Obelisken in Ägypten fällt. Mit 24 Metern Höhe ist die Stele Nr. 3 das höchste Monument. Nicht weit davon, liegt jedoch einer der größten bearbeiteten Monolithen der Welt, die umgestürzte Stele Nr. 1, ursprünglich 33,5 m hoch und 520 to. schwer.

Ein „Muss“ für jeden Äthiopien-Reisenden, ist Lalibela mit seinen Felsenkirchen aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Der Legende nacht, soll König Lalibela die Kirchen während seiner 14-jährigen Regierungszeit in das rote, weiche Tuffgestein hat schlagen lassen.

Von einem guten Dutzend aus dem Fels gehauen Monolithen, die sich in 2 Gruppen südlich und nördlich der Hauptstraße befinden, ist die Beta Gyorgis, die Georgs-Kirche, die wohl spektakulärste. Die Kirche hat die Form eines griechischen Kreuzes, mit einer Ausdehnung von 12 x 10 m, und der zentrale Innenraum ist über 8 m hoch.

Im Vorhof vieler Sakralbauten haben Eremiten in Felslöchern Quartier bezogen und betreiben das Studium heiliger Schriften. Bedürftige und Kranke bitten um Almosen. Jede Felskirche wird von Mönchen oder Priestern im wahrsten Sinne „behütet“ um die Kirchenschätze zu schützen.

Von Lalibela aus, gelangt man in gut 2 Tagen wieder Addis Abeba, wörtlich übersetzt bedeutet das die „neue Blume“. Vorbei an malerisch gelegenen Dörfern mit reisiggedeckten Hütten, geht unsere Reise dort zu Ende.