Aotearoa – Land der langen, weißen Wolke
Im Frühjahr 2005 sitze ich im Theaterhaus in Stuttgart und lausche einem Konzert von Hayley Westenra, der neuseeländischen Sängerin. Mit glockenheller Stimme singt Sie:…
Pokarekare ana Stormy are the waters
Nga wai o Waiapu of restless Waiapu
Whiti ato koe hine If you cross them, girl
Marino ana e They will be calmed.
E hine e Oh girl
Hoki maira Come back to me
Kamate au I could die
I te aroha e Of love for you
Tuhituhi taku rita I write you my letter
Tuku atu taku rita I send you my ring
Kia kiti to iwi So your people can see
Raru raru ana e How troubled I am
E hine e Oh girl
Hoki maira Come back to me
Kamate au I could die
I te aroha e Of love for you
……ein Volkslied der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, das fast schon zur neuseeländischen Nationalhymne geworden ist. Ein Schauer läuft mir über den Rücken und ich denke an eine viele Jahre zurückliegende Reise auf die andere Seite der Erde.
Im Jahre 950 begann der Legende nach die Reise des polynesischen Seefahrers Kupe. Er verließ seine Heimat Hawaiki und segelte viele Tage lang, bis er Land sah; unter einer langen weißen Wolke. Aotearoa – Neuseeland.
Heute benötigen wir nicht mehr viele Tage. Ein Jumbo-Jet der Air New Zealand bringt uns, nach einem Zwischenstop in Singapur, „in nur 26 Stunden“ nach Auckland, der „City of Sails“.
Auckland ist eine quirlige Metropole, aber eben auch nur eine Großstadt, wie viele andere. Enge und viele Menschen haben wir in Europa genug. Dies ist nicht das Neuseeland von dem ich geträumt habe. Wir machen uns auf nach Norden, in die…
…Bay of Islands,
wo alles begann. Hier liegt Russell. Heute ein beschauliches Städtchen mit knapp 1000 Einwohnern. Generalgouverneur Hobson machte es 1840 zur Hauptstadt; brave Siedler, Kaufleute und Handwerker lebten hier, auf diesem schönen Fleckchen Erde, aber auch Abenteuer, Walfänger, Glücksritter und leichte Mädchen. Der zweiten Bevölkerungsgruppe verdankt Russell seinen Beinamen „Höllenloch im Pazifik“.
Wer durch den kleinen Ort schlendert, kommt irgendwann am Friedhof vorbei. Friedhöfe ziehen mich immer magisch an, nicht etwa wegen einer eventuell makaberen Ader, sondern weil man hier Geschichte live erleben kann. Wer mag jene Mary Wainright wohl gewesen sein, deren Grabstein hier steht ? War sie vielleicht Opfer eines jener Kriegszüge, die der Maori-Häuptling Hone Heke, gegen die weißen Siedler und Missionare in Russell führte ? Das Russell ein heißes Pflaster war, zeigen die Einschlusslöcher in den Holzwänden der kleinen Christ Church, die gleich hinter dem Friedhof liegt. Man hat sie zwar übertüncht, vorhanden sind sie aber immer noch.
Nicht weit von Russell liegt Waitangi; – die Wiege der Nation. Hier steht das Treaty House. Dort versammelten sich 1840, auf Einladung von Generalgouverneur Hobson, 45 Maori-Häupflinge und machten ihr Zeichen unter einen Vertrag, mit dem England sich auch dieses ferne Paradies in sein Empire einverleibte. Einer der anwesenden Häuptlinge sagte: „ Der Schatten des Landes geht auf die Queen über, sein Inhalt bleibt bei uns“. Dieser noble Traum wurde nicht Wirklichkeit. Auch wenn es den Maori heute nicht so schlecht ergeht, wie den Aboriginals in Australien, sie sind eine Minderheit im eigenen Land. Dem Vertragsschluss unter dem Schutz der Krone, folgten die weißen Siedler und teilten den „Inhalt des Landes“ in kleine Parzellen. Das Waitangi National Marae – eine traditionelles Versammlungshaus der Maori mit seinen prächtigen Schnitzereien – das im Park des Treaty Houses liegt, vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, das Neuseeland heute ein „weißes“ Land ist.
Welchen Einschnitt der Vertrag von Waitangi und die folgende Besiedlung für die Maori darstellte, vermag man zu ermessen, wenn man den Waipoua Kauri Forest unweit von Waitangi besucht. Früher waren weite Flächen des Landes mit Kauribäumen bestanden. Das Holz ist von unglaublicher Widerstandsfähigkeit und wurde von den Engländern im Schiffbau benötigt. Es wurde gnadenlos abgeholzt. Seemacht mit einem weltumspannenden Empire zu sein, hatte eben seinen Preis.
In Waipoua überragt heute der „Tane Mahuta“ was soviel bedeutet wie „Herr des Waldes“ mit einem Durchmesser von 13,8 m und einer Höhe von 51 m die traurigen Reste seiner noch verbliebenen „Artgenossen“. 2.000 und mehr Jahre wird es dauern, bis diese prachtvollen Bäume sich wieder zu ihrer ganzen Höhe erhoben haben, wenn es überhaupt jemals wieder so kommt. Wir nehmen die Straße unter die Räder und erreichen, vorbei an Auckland, nach langer Fahrt…
Rotorua,
– das warme Herz Neusselands. Hier brodelt und dampft es unter der dünnen Haut der Erde. Wir nehmen uns ein Zimmer im Geyserland Resort Hotel und können unser Stativ bereits auf dem Balkon aufbauen und die ersten Fotos schießen. Man hat einen guten Blick auf das Thermalgebiet von Whakarewarewa, Geysire schleudern ihre Fontänen in die Höhe: aus vielen Erdspalten dringen Fumarolen und die Mud-Melting-Pots glucksen, wenn wieder eine kochende Schlammblase platzt. Beißender Schwefelgeruch liegt in der Luft.
Bei einem traditionellen Hangi-Essen, können wir am Abend, die Vorzüge dieser „Fußbodenheizung“ kennenlernen, denn alle Speisen werden im Erdofen gegart. Ansonsten wird die Erdwärme für die Beheizung der Häuser genutzt und gesund ist die Sache natürlich auch. Die vielen Rentner, in kurzen weißen Hosen, die auf dem Rasen vor dem viktorianischen Badehaus, Rasenbowling spielen, scheinen ein Beleg dafür. Die heilende Zusammensetzung, der Quellen des Polynesian Pools, helfen gegen Rheuma und bei Hautkrankheiten.
Dass eine mit so vielen Segnungen der Natur bedachte Gegend auch noch fruchtbar ist, versteht sich fast von selbst. Hier, rund um Rotorua wachsen Zitrusfrüchte, Äpfel, Tomaten, Paprika und jene chinesische Stachelbeere, die Kiwi, mit der wir Neuseeland identifizieren.
Wie heißt es eigentlich richtig – die Kiwi, der Kiwi, die Kiwis ? Nun, – alles ist richtig ! Die Kiwi ist die Frucht, der Kiwi, der fast blinde Wappenvogel Neuseelands und die Kiwis, – so bezeichnen sich die Neuseeländer scherzhaft selbst.
Nachdem wir das üppige Hangi-Mahl verdaut haben, machen wir uns am nächsten Morgen auf und besuchen Whakarewarewa, gleichzeitig Naturschauspiel und Freilichtmuseum der Maori-Kultur. Mein Ziel ist der Pohutu, der größte Geysir Neuseelands, der in unregelmäßigen Abständen eine Fontäne kochenden Wassers, 30 m in den Himmel speit. An den Rändern des Thermalbasins haben sich kristalline Ablagerungen aus weißer Kieselerde und gelbem Schwefel gebildet. Neben den Attraktionen der Natur, ist Whakarewarewa ein Ort, an welchem die Maori ihre Traditionen pflegen. Vor dem Marae findet ein Tanz statt, dem ich jedoch – wegen der vielen japanischen Touristen – schnell den Rücken kehre.
Mehr faszinieren mich die Holzschnitzer, die aus dem weichen Pinienholz wahre Kunstwerke der Maori-Mythologie erschaffen. Das Hämmern in ihrer Werkstatt hat einen Gleichklang, wie die Trommeln der Maori; – hier könnte ich stundenlang sitzen und zuschauen.
Rotorua ist ein guter Ausgangspunkt für Ausflüge zu den Naturwundern der Region. Im Waimangu-Tal wabern Dampfschwaden über den ganzen See, ein Indiz für die vulkanische Aktivität. Nach dem Ausbruch des Tarawera Vulkans am 10. Juni 1886 verschob sich die Tektonik so stark, dass auch hier, zig Kilometer vom Tarawera entfernt, noch Einbruchkrater entstanden, welche sich nach und nach mit Wasser füllten.
Sehenswert ist auch das Waiotapu Thermal Wonderland. Am Lady Knox Geysir erweckt ein Parkranger den Geysir zum Leben, in dem er ein Kilo Seifenpulver in den Schlot schüttet. Die Oberflächenspannung des Wassers wir dadurch so verringert, dass der Geysir seine Wassermassen in einer Fontäne nach oben schleudert. Auf solche Tricks kann man am Champagner Pool verzichten. In dem kleinen See, der nur 60 m im Durchmesser misst, blubbert es wie in einem Champagnerkelch. Die Ränder dieses Juwels sind mit metallisch oxidierten Sedimenten gesäumt, welche das Türkis des Wassers wunderschön kontrastieren. Traumhafte Bilder könnte man hier machen, wenn …ja wenn ein bisschen Wind, die Dampfwolke vertreiben würde, doch an diesem und an den folgenden Tagen ist es windstill und wir können nur erahnen, was uns entgeht.
Am folgenden Morgen verlassen wir Rotorua und fahren nach Süden. Wir stoppen kurz an den Huka Wasserfällen und folgen dann dem Ufer des Lake Taupo. Am frühen Nachmittag erreichen wir den…
Tongariro Nationalpark.
Von Ferne sehen wir bereits die 3 Vulkane, welche die Szenerie beherrschen, den Mount Ruapehu, den Mount Ngauruhoe und den Mount Tongariro, dem der Nationalpark seinen Namen verdankt. Den ganzen Tag war es bewölkt und die Wolken hingen tief in den Bergen, doch plötzlich brechen sich die Strahlen der Sonne ihren Weg durch die Wolken. Rechts und links der Straße blüht der Ginster. Für einen kurzen Augenblick – wird man ganz still und ist gefangen von seinen Eindrücken und man denkt ….“ja, so muß Gott es wohl gemeint haben !“
Wenige Minuten später sind wir an unserer Lodge, mitten im Nationalpark. Durch die großen Fenster des Restaurants hat man einen wundervollen Ausblick auf das Bergpanorama. Für den kommenden Tag haben wir uns eine Wanderung durch den Nationalpark vorgenommen. Der frühe Morgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Es ist recht frisch und wir schreiten schnell aus, bis die Sonnenstrahlen uns den Rücken wärmen. Der Weg steigt sanft an und bald haben wir unsere Lodge aus den Augen verloren und stehen an den Taranaki-Wasserfällen. Gut 20 m stürzt das glasklare Wasser über die Abbruchkante. Ein Bad ist nicht zu empfehlen; nicht nur dass, das durch Gletscherbäche gespeiste Rinnsal eiskalt ist, – nein zu allem Überfluss hat sich in dem Gewässer ein Parasit namens Giardia eingenistet. Von Taranaki Falls aus wird der Weg steiler, wir brauchen gut 3 Stunden hinauf auf den Grat des Tongariro, doch von hoch oben, entschädigt die Aussicht auf die Emerald Lakes, die Smaragden gleich am Fuße des Berges liegen. Eigentlich sind die Neuseeländer richtige Freiluftmenschen, doch an diesem Tag begegnet uns im Tongariro Park nicht ein einziger Wanderer.
Bevor wir tags zuvor die Lodge erreichten, hatte ich an einer kleinen Stichstraße einen Feldflugplatz gesehen. Wir fragen dort nach, was ein Flug zu den, und über die Vulkane kostet und – für den Fotografen wichtig, – ob man bereit ist, Tür oder Fenster auszubauen. Wir werden uns einig und sind schon unterwegs. Die kleine, einmotorige Cessna hoppelt über das Feld und hebt mühelos ab. Zunächst steigen wir in Sekundenschnelle die Flanke des Tongariro hinauf, eine Strecke, für die wir Tags zuvor Stunden zu Fuß benötigt haben. Wir sehen die Emerald Lakes von oben, aber auch, das aus Spalten im lockeren Geröll immer wieder Fumeraloen ihren Dampf entlassen. Wir blicken auf den ebenmäßigen Kegel des Ngauruhoe und dann, ein Traum, in den Kratersee des Ruapehu. Vier Jahre nach dem wir hier waren, „rülpste“ der Vulkan kurz und der See ergoss sich in einer Schlammlawine zu Tal. Dieser schlafende Riese riss bereits in einer Eruption am Weihnachtsabend 1953 die Eisenbahnbrücke und den Nachtzug nach Wellington in die Tiefe. 151 Menschen kamen dabei ums Leben. Doch heute ist der Riese ruhig und liegt friedlich im strahlenden Sonnenlicht, als könne er kein Wässerchen trüben.
Wir verlassen Tongariro und fahren auf gut ausgebauten Straßen nach Wellington, der Hauptstadt des Landes. Am Abend schlendern wir ein wenig durch die grüne Gartenstadt, deren Vororte sich an den vielen Buchten entlang schlängeln. Architektonisches Highlight der Stadt ist das Parlamentsgebäude, das aufgrund seiner Form den Spitznamen „The Beehive“ erhielt. Am nächsten Morgen sind wir am Hafen und nehmen die Fähre über die Cook Strait hinüber nach Picton auf die Südinsel. Die Nacht verbringen wir in Nelson an der Tasman Bay, das Zentrum des neuseeländischen Weinbaus, der mittlerweile Weißweine der Spitzenklasse hervorbringt.
Da sind sie wieder, die beiden Namen Cook und Tasman, denen wir in Neuseeland so häufig begegnen. Abel Tasman, Draufgänger, Abenteurer und Kapitän im Dienste der Vereinigten-Ostindischen-Kompanie segelte mit seinen Schiffen von Batavia aus nach Süden. Am 13. Dezember 1642, stieß er auf eine neue unbekannte Landmasse, der er in Erinnerung an seine niederländische Heimat Zeeland den Namen „Neu-Seeland“ gab. Die Südinsel war entdeckt. Nachdem es bereits an Bord seines Schiffes zu einem Zusammenstoß mit den einheimischen Maori gekommen war, der mehrere Männer zum Opfer fielen, verzichtete Tasman auf einen Landgang. Danach fiel Neuseeland mehr als 100 Jahre zurück in seinen Märchenschlaf, bevor am 7. Oktober 1769 der Schiffsjunge Nicholas Young seinem Kapitän, dem legendären James Cook, meldet…“Land in Sicht !“
Cook war hartnäckiger als Tasman und ließ sich, trotz mehrerer blutiger Scharmützel mit den Maori, nicht abschrecken. Er segelte die Küste entlang, passierte die nach ihm benannte Cook Strait und bewies so, dass es sich um zwei große Inseln handelte. Er kartierte die Küste und annektierte Neuseeland für die britische Krone. Auch später, bei seinen Reisen in die Südsee und auf der Suche nach dem sagenhaften Südland, war Neuseeland immer wieder Anlaufpunkt für Cook.
Von Nelson aus nehmen wir unseren Weg entlang der Küste der Tasman See, bis nach Punakaiki zu den Pancake Rocks und Blowholes. Die einem Pfannkuchen-Stapel gleiche Felsformationen haben sich vor ca. 30 Millionen Jahren hier abgelagert. Die See brandet mit Macht gegen die Felsen und drückt das Wasser durch Hohlräume wie in einer Fontäne nach oben.
In Punakaiki finden wir ein schnuckeliges B.Y.O.-Restaurant und bestellen uns einen leckeren Fisch. Den spritzigen Chardonnay dazu, muss man sich nach dem „bring your own“-Motto im Liquor-Store um die Ecke besorgen. Lokale die keine Lizenz besitzen um Alkohol auszuschenken haben das „B.Y.O“ Logo an der Tür
So gestärkt brechen wir auf nach Greymouth. In dem kleinen Ort, Heimat vieler Küstenfischer, haben sich zahlreiche Steinschneider angesiedelt. Die Main Street ist gesäumt von Designstudios, in denen Symbole aus der Maori-Mythologie, aus Jade geschnitten werden. Aber auch moderne Designs wie die Farnspirale oder eine Walfluke werden aus Greenstone oder Walknochen gearbeitet. Die Preise sind allerdings nichts für jeden Geldbeutel.
Am nächsten Morgen regnet es in Strömen. Hinter Hokitika biegt der Highway 6 ab, wir verlieren die Küste aus den Augen und tauchen ein, – bei dem vielen Wasser das vom Himmel rauscht, eine nette Metapher – in die Berg- und Gletscherwelt des Westland Nationalparks. Als wir in…
Franz Josef
ankommen (der Ort heißt wirklich so, der österreichische Naturforscher Julius von Haast benannte Gletscher und Ort nach seinem Kaiser) und wir unser Auto auf dem Parkplatz abstellen, schwant mir nichts Gutes. Berge und Gletscher sind nicht zu sehen…und so bleibt dies auch die nächsten drei Tage.
Dass die Westland Region eine Wetterecke ist, hatten wir gewusst. Mit rund 6.500 mm Niederschlag pro Quadratmeter und Jahr, gehört Franz Josef zu den regenreichsten Orten der Erde. Aber warum muss ein Großteil davon ausgerechnet jetzt in diesen drei Tagen vom Himmel kommen, mitten im Hochsommer ? Die wenigen regenfreien Pausen nutzen wir zu einem Besuch des Visitor-Centers, studieren dort den ausgehängten Wetterbericht und fragen am Helicopter-Port nach Flugmöglichkeiten, für den Fall das die Sintflut endet. Der Regen lässt Farnbäume, Bodenfarne, und die gesamte Flora in sattem grün glänzen, aber dafür haben wir im Moment kein Auge. Unseren Kummer ertränken wir am Abend an der Bar in französischem Cognac. Am zweiten Abend geht dem Barkeeper der Stoff aus und er fährt in den Ort, um Nachschub zu holen. Als er wieder zurückkommt, meint er, dass der Regen aufgehört habe, der Himmel sei sternenklar. Er empfiehlt uns den Glowworm-Trail der gleich hinter dem Hotel beginnt. Beschickert wie wir sind, gehen wir nach den Glühwürmchen schauen, aber viel wichtiger ist mir das Wetter. Ein frischer Wind ist aufgekommen und bläst die Regenwolken auf das nahe Meer hinaus.
Am Morgen strahlt die Sonne über dem Gipfel des Mount Tasman. Fox- Tasman und Franz-Josef-Gletscher, deren Zungen hier noch bis an den Regenwald heranreichen liegen in reinem weiß vor uns. Noch während des Frühstücks höre ich das Schlock-Schlock-Schlock des Helicopters. Steve, der Pilot von Glacier-Helicopters hält Wort und landet im Garten des Hotels um uns abzuholen. „Good day mate“, dröhnt sein sonorer Bass durch den Coffeeshop und schon sind wir auf dem Weg. Wir bauen die Tür aus dem Heli aus und gleich darauf geht es wie in einem Aufzug nach oben. Wir landen in 2.300 m Höhe auf dem Franz-Josef-Gletscher, am Fuße des Mount Tasman. Hier liegen die Gipfel der Südalpen zum Greifen nahe vor uns. Nicht weit entfernt ragt die Gipfelpyramide des Mount Cook auf. Ich denke an einen der berühmtesten Neuseeländer, Sir Edmund Hillary, den Erstbesteiger des Mount Everest. Hier hat der Bienenzüchter aus Auckland trainiert, bevor er 1953 den höchsten Berg der Erde bezwang. Leider können wir nicht ewig hier bleiben, Steve drängt zur Eile, da der Wind auffrischt. Wir fliegen den Fox-Gletscher entlang und können tief in die eisigen Spalten blicken. Ein Tag wie kein anderer !
Nach unserer Landung, verlassen wir Franz-Josef, überqueren den nur 563 m hohen Haast-Paß der die Wasser-und Wetterscheide zwischen den Provinzen Westland und Otago bildet und sind im Land der großen Seen angekommen. Wir fahren am Lake Wanaka entlang, in dessen klarem Wasser sich der Mount Altu spiegelt. Am späten Nachmittag erreichen wir Arrowtown, eine alte Goldgräberstadt mit Holzhäusern aus dem vergangenen Jahrhundert, als hier der große Goldrausch seine Spuren hinterließ. Heute scheint Arrowtown in einen Dornröschenschlaf zurückgefallen zu sein.
In der Auslage eines Juweliergeschäftes steht eine Goldwäscherpfanne; kleine und große Nuggets liegen hinter der Scheibe aus Panzerglas. Wir erklären dem Juwelier, dass wir das gerne fotografieren möchten, allerdings nur draußen im Sonnenlicht. Er schaut mich an und fragt…are you crazy ? Dann packt er Schüssel und Goldklumpen zusammen und wir machen ein wahrhaft „glänzendes“ Fotoshooting. So sind die Neuseeländer, einer verrückten Idee gegenüber immer aufgeschlossen. Nicht weit ist es von Arrowtown nach…
Queenstown,
…dem touristischen Zentrum der Südinsel. Noch bevor wir die Stadt erreichen, sehen wir den Bergzug der Remarkables. Über dem Wakatipu-See, an dessen Ufer Queenstown liegt, steigt eine dünne Rauchsäule auf, die der alte Ausflugsdampfer T.S.S. Earnslaw in die klare Luft entlässt. Queenstown ist ein Sammelpunkt für die Ausgeflippten unserer Erde, aber auch für Massen von japanischen Touristen; und überall dort, wo Menschen in Massen auftreten, fühle ich mich eigentlich unwohl.
Jede Fun-Sportart scheint entweder in Queenstown erfunden oder nach hier exportiert worden zu sein. 85 NZ$ kostet ein Bungy-Sprung von der 43 m hohen Kawarau-Suspension-Bridge. Der künstliche Nervenkitzel am Gummiband nahm von hier aus seinen Weg in die Welt. Am Deep Creek kann man eine 19 km lange und anspruchsvolle White Water Rafting Tour unternehmen. Wir haben uns für einen „motorisierten Nervenkitzel“ entschieden, eine Fahrt mit dem Jetboat auf dem Shotover-River.
An Arthurs Point legen wir ab und schon sind wir in rasender Fahrt auf dem Shotover unterwegs. Wer geglaubt hat, außen seien die besten Sitzplätze, merkt schnell dass er sich getäuscht hat, man wird klatschnass, wenn der Bootsführer das kleine Lenkrad zu einer Pirouette dreht. Mit über 60 km/h preschen wir durch die enge Schlucht. Ein Texaner mit großem Hut, sitzt vor mir und hält seine Videokamera in die Höhe. Da im Canyon Einbahnstraßenverkehr herrscht, müssen wir an mancher Engstelle entgegenkommende Boote passieren lassen. Bei einer solchen Gelegenheit greift der Bootsführer nach unten, hebt etwas vom Boden auf und hält ein Kameraobjektiv in die Höhe. Gehört das jemand ? Dem armen Texaner war während des wilden Wasser-Rodeos das Objektiv aus der Kamera gefallen. Shit happens !
Wieder trocken und in eine warme Fleecejacke verpackt, nehmen wir bei Einbruch der Dämmerung den Sessellift und fahren hinauf auf den Bob’s Peak, den Hausberg von Queenstown. Nach einem kalten Bier und einer Tüte Fish and Chips, schießen wir die Abschiedsfotos von Queenstown und den Remarkables. Wir hatten vor gehabt, mit dem Flugzeug von Queenstown in den Fjordland Nationalpark zu fliegen, doch auch hier macht das Wetter uns einen Strich durch die Rechnung. So nehmen wir den Wagen und ereichen am späten Nachmittag unser Ziel den
Milford Sound.
Es regnet immer noch. Hoffentlich gibt es im Hotel genug Cognac-Vorräte. Es war der teuerste Cognac auf der gesamten Tour, aber er hat gewirkt. Am nächsten Tag schimmert die Sonne durch das Fenster und lässt die Tautropfen auf den Blättern der Cabbage Trees, die das Ufer des Milford Sounds säumen, wie Brillianten glitzern. Von den Wänden des engen Fjordeinschnitts stürzen Wasserfälle in die Tiefe, und am Ausgang des Sunds erhebt sich der Mitre Peak aus dem Nebel. Wie die Mütze eines Bischofs wächst er aus dem Meer.
Wir nehmen ein Boot, um an die schmalen Felsvorsprünge heranzukommen, auf denen sich Ohrenrobben und Goldschopf-Pinguine sonnen. Unser Boot wird von einer Schule Delphine begleitet. Den schönen Tag stören nur die lästigen Sandfliegen, deren Bisse schmerzhaft jucken. Gegen diese Plagegeister haben die Neuseeländer „Dimp“ erfunden, das Mittel ist so ätzend, das es sogar die Gummierung der Kamera angreift, nur gegen die Sandfliegen hilft es leider gar nicht.
Gerne wäre ich noch am Milford Sound geblieben. Reizvoll wäre es sicher, die 5-tägige Wanderung, den Milford Track zu unternehmen, der entlang der Fjorde verläuft. Aber ich werde sicher zurückkehren. Wir nehmen Abschied vom Milford Sound und durchqueren die Canterbury Ebene, eine fruchtbare Gegend, in der Kirschen, Pfirsiche und die weltberühmten Braeburn-Äpfel wachsen. Am Abend treffen wir in…
Christchurch …ein, eine schöne Gartenstadt, very british ! Den letzten Tag nutzen wir zu einem Bummel durch die Stadt und den Besuch des sehenswerten Antarktis Museum. Hier in Christchurch haben viele Station gemacht, auf Ihrem Weg in die Antarktis und Neusseland versorgt von hier aus seine Forschungsstationen auf dem 6. Erdteil. Das kleine Museum zeigt viele interessante Artefakte aus der Geschichte des zähen Ringens um die Eroberung des Südpols. Als wir bei Einbruch der Dämmerung in einem Restaurant, auf einer Anhöhe oberhalb von Lyttelton Harbour sitzen, und die mondlose Nacht alles in tiefes, konturloses Dunkel hüllt, denke ich zurück an die schöne Zeit in Neuseeland. Es fällt mir ein Wort von Fridjof Nansen ein, dass mir besonders gut zu diesem Land, seinen Bewohnern und all jenen, welche die Natur lieben zu passen scheint.
Tief verwurzelt in der Natur, in jedem von uns, lebt die Abenteuerlust. Der große Ruf der freie Wildbahn schwingt hinter all unseren Taten. Er macht unser Leben tiefer, schöner und reicher.