“…ins heiße Herz Afrikas“ 

„Mali-Blues“, ist der Titel eines Buches der holländischen Schriftstellerin Lieve Joris, die lange Zeit in Mali lebte. Es erzählt die wahre Geschichte des Bluesmusikers Boubacar Traore, den in Mali jedes Kind unter dem Namen Car-Car kennt. Das spannende an der Lektüre dieses Buches, ist jedoch nicht die zugegebener Maßen durchaus interessante Lebensgeschichte Traore’s, sondern die in feinen Untertönen geschilderten Charaktere der Menschen in Mali. Wer das Land bereist hat, schaut hier in den Spiegel seiner eigenen Erinnerungen.

Vor dem inneren Auge sehen wir sie, die jammernden Händler, die in stoischer Ruhe bis an die Knie im Matsch arbeitenden Ziegelmacher am Ufer des Niger, die Frauen, die mit wassergefüllten Kalebassen die Zwiebelfelder bewässern. Die Kinder, die an jedem Polizeiposten an der Strasse Erdnüsse, Zitronen, Limonade oder Möhren anbieten, die Boso, jene „Wassermenschen“ die mit Ihren Pinassen den großen Strom befahren.

Dies ist die Geschichte, welche ich in Bildern erzählen will, Bilder von Menschen, die in bitterster Armut leben und doch eine Zufriedenheit und innere Ruhe ausstrahlen, die jeden von uns beschämt.

Wir erreichen Bamako, die große Stadt am Nigerufer, Hauptstadt des Staates Mali, am späten Abend, und stürzen sofort in das typisch afrikanische Chaos. Die Abfertigungshalle des Flughafens quillt über von Waren, Postsäcken, ankommenden und abfliegenden Menschen, Polizisten in Zivil und Uniform, Gepäckträgern und Schuhputzern. Der Grund für das Chaos ist typisch afrikanisch. Vorschrift ist, dass das Gepäck durchleuchtet werden muss. Also durchleuchtet man auch das Gepäck der ankommenden Fluggäste vor verlassen des Flughafens. Leider hat man dafür nur ein Gerät und so werden „ankommende“ und „abfliegende“ Koffer gleichzeitig durchgeschoben. Man könnte sagen das ist „Stereofotografie“. Nach dem Sinn dieses Unterfangens kann nur ein der Ratio verpflichteter Europäer fragen und sich darüber aufregen. Die Afrikaner ertragen dies ganz einfach. That’s Africa !

Mir widerstrebt es immer, Zahlen und Fakten aufzuzählen, um ein Land zu beschreiben. Nüchterne Zahlen geben ganz einfach die Eindrücke nicht wieder. Gehen wir also einfach auf die Reise durch ein faszinierendes Land.

Mali verfügt über zwei Asphaltstrassen, die eine in Nord-Südrichtung von Kayes nach Bamako haben die Franzosen gebaut, die andere von Bamako nach Gao die Deutschen. Wo liegt der Unterschied ? Auf der „deutschen“ Strasse gibt es alle hundert Kilometer einen Zebrastreifen. Wir nehmen die „deutsche“ Straße Richtung Segou. Unser „Bus“, erweist sich als ein gut 30 Jahre altes Servicefahrzeug eines deutschen Sanitärbetriebes. In den Kastenwagen hat man Öffnungen geschnitten, Fenster eingesetzt, und Bänke im Innenraum montiert und fertig ist der Reisebus.

Die triste Landschaft der Trockensavanne wird nur selten von freien Flächen unterbrochen, auf denen mächtige Baobab-Bäume stehen, oder auf welchen Mais, Hirse oder Baumwolle angebaut wird. Noch rarer sind die Dörfer am Straßenrand, obwohl der Mittelteil Malis zwischen Bamako und Segou noch zu den dichter besiedelten Landstrichen zählt. Die Dörfer, welche hier in der Regel von Bambara (mit 1,2 Mio.. Angehörigen die größte ethnische Gruppe Malis) bewohnt werden, bestehen aus den typischen Lehmziegelbauten sudanesischer Architektur und den augenfälligen reisiggedeckten Getreidespeichern.

Segou…

…einstmals Residenzstadt im Königreich der mächtigen Bambara-Dyanastie, versprüht heute nur noch den morbiden Charme heruntergekommener, französischer Kolonialarchitektur. Einzig Alt-Segou ist heute noch ein wahres Kleinod, in dem die Menschen in einem intakten Dorfkern aus einstöckigen Kastenhäusern leben. Vor einer kleinen Moschee am Ufer des Niger sitzen zwei ehrwürdige Marabuts; mitten im Dorf eine Rinderherde; unter einem großen Baobab-Baum steht eine alte Frau und stampft Hirse. Durch die Ritzen der Mauer eines Hinterhofes beobachten zwei dunkle Augen neugierig den Fremden. Man fühlt sich als Eindringling. Die intensiven Eindrücke und Gerüche lassen eine gewisse Beklommenheit weichen; und man wird Teil eines Theaterstückes aus fernen Tagen.

Timbuktu…    

Timbuktu, ein Ort mit einem magischen Klang. Ein Name in der Wüste, eine mythische Stadt. Reich, gelehrt, jenseits der bekannten Welt und unzugänglich für Ungläubige. Im 19. Jahrhundert war es ein Abenteuer nach Timbuktu zu gelangen; und so machten sich Abenteurer auf – und scheiterten. Den Niger zum Beispiel hielt man für einen Nebenfluss des Nil. Manche wollten seinen Lauf verfolgen und das sagenumwobene Timbuktu entdecken.

Gibt es die Stadt dort in der südlichen Sahara ? Ist sie erreichbar ? Kann ein Ungläubiger, ein Christ, dort leben ? Der britische Offizier Alexander Gordon Laing jedenfalls erreichte Timbuktu 1826, allerdings war ihm nicht wirklich klar wie gefährlich das für einen Christen war. Als alter Kolonialoffizier war er es gewohnt, bedient und nicht erschlagen zu werden. Bald danach gab der französische Schuster Rene Caillè sein altes Leben auf um nach Timbuktu zu gelangen; er schaffte es. Was machte es da, dass er nur 11 Tage bleiben konnte ?

„Der Weg ist das Ziel“. Caillé schlich sich davon und starb an den Folgen seiner Reise. Der Mythos blieb. Das alltägliche Leben der Einheimischen nahm seinen gewohnten Gang, viel zu banal um darüber zu berichten. Die Gedanken der Europäer aber flogen über die Wüste. Zu einem Ort aus Wüste gemacht, nach Timbuktu. Tagträume von Lehmarchitektur und bunten Farben, von der islamischen Universität, vom geheimen Wissen, vom Markt voll Seide, Gold und Edelsteinen, Gewürzen und Sklaven. Timbuktu war ein neues Eldorado, Sinnbild für alle unerfüllten Sehnsüchte, nach Ferne und Exotik, in einer kleiner gewordenen Welt, deren weiße Flecken nur noch in Afrika lagen. Der deutsche Geograph und Afrikaforscher Heinrich Barth saß an den Lagerfeuern der Tuareg und lauschte Timbuktu-Geschichten. Statt Mythen, bekam er normale Informationen einer wirklich existenten, nordafrikanischen Stadt, ein Ziel der Karawanen, die aus den Salinen der Zentralsahara nach Süden zogen.

Barth erfuhr, dass Timbuktu mitten in der Wüste liegt und gleichzeitig nur 5 km vom großen Niger entfernt. Er beschließt die Stadt zu suchen. Auf Kamelen reist er durch die Wüste. Er nennt sich Abdel Kerim, spricht perfekt arabisch und sieht auch aus wie ein Wüstensohn. Mit den Tuareg teilt Barth das einfache Nomadenleben in der Wüste, und eines Tages kamen sie zur Stadt. Oder kam die Stadt zu Ihnen ? Standen ihre Zelte vor den ersten Häusern von Timbuktu. Ein unregelmäßiger Haufen aus Lehmwürfeln; die Wohnhäuser der Altstadt.

Die drei Moscheen fallen auf, langgestreckte, weiche Formen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Die Moscheen Djinger-ber und Sankoré sind ebenfalls aus Lehm erbaut. Eine arbeitsintensive Bauweise. Der Lehmputz muss nach jeder großen Regenzeit erneuert werden. Die Minarette sind mit Holzpfählen gespickt, ein integriertes Gerüst. Der Gebetsraum der Moscheen ist der Innenhof. Die Sankoré-Moschee, war das Universitätszentrum. Vor mehr als einem halben Jahrtausend eine der bedeutendsten Koranschulen mit mehr Schülern, als Timbuktu heute Einwohner hat. 20.000 junge Männer haben hier den Koran studiert und Schriften über das Leben des Propheten verfasst.

Sidi Yahia, die jüngste der Moscheen, ist aus Stein gemauert. Nebenan eine moderne Koranschule, eine ganz normale Schule, für die Kinder der Stadt. Früher war Timbuktu übervölkert mit Studenten und Wissenschaftlern, aus der gesamten islamischen Welt. Im 14. Jahrhundert wurde hier bereits am Auge operiert, dem Ursprung der Wörter nachgegangen, in der Mathematik die Ziffer „Null“ erfunden ! Die Wissenschaften bildeten den Reichtum der Stadt, nicht unbedingt Gold und Edelsteine.

Fleisch und Gemüse waren die Luxusgüter. Gehandelt wurden Dinge des täglichen Bedarfs. Aber wer wie Barth aus der Wüste kommt, und seine Sinne auf die Sonne und das beige des ewigen Sandes eingestellt hat, der wird von der Farbenflut auf dem Marktplatz von Timbuktu überwältigt.

Heinrich Barth blieb in Timbuktu; 2 Jahre lang, 1853 bis 1854; er forschte und schrieb über das Leben in der Stadt. Er, der perfekt arabisch spricht, er dem die Tarnung zur zweiten Natur geworden ist, mit einer Haut, in der niemand den Fremden, Weißen erkennt; er, der hier Jahre lang lebt, mitlebt und feiert, auch er ist seines Lebens nicht sicher. Ein Gerücht geht um…. ein Christ sei wieder in der Stadt, ein getarnter Ungläubiger…geht er gar in unseren Moscheen ein und aus ?…wer ist es ?….Fangt den Verräter, reisst ihm die Maske vom Gesicht und dann Gnade ihm Allah ! Aber Barth hat Freunde gewonnen in Timbuktu, Freunde, die ihn warnen. Barth flieht, flieht aus Timbuktu. „Der Weg ist das Ziel“.

Hätten sie ihn erwischt, sie hätten ihn erschlagen. Man ist auch heute nicht zimperlich in Timbuktu, Tuareg gegen Schwarze, Schwarze gegen Tuareg. Rassenunruhen enden blutig. Die stolzen, Wüstenbewohner leiden darunter, dass es ihnen heute schlechter geht als ihren früheren Sklaven. Die Schwarzen wollen die anachronistische Sklavenhalter-Mentalität manch arabischer Nachbarn nicht länger ertragen. Heute wird Heinrich Barth als größter Sohn der Stadt verehrt. Ein ungläubiger Ausländer zwar, aber einer der Timbuktu aus dem Mythos in die Realität geholt, der Timbuktu dem Westen und der Moderne geöffnet hat. Manchmal ein zweifelhafter Fortschritt …manchmal. Sinnvoll in einer Stadt der Moscheen, die ständig zugeweht werden, deren Wasser 5 km entfernt ist.

Timbuktu, der Wüste abgetrotzt, kann schnell wieder verwüsten. Vielleicht hat diese Existenz am Rande der Realität die Stadt zur Legende werden lassen. Der Erhalt von Timbuktu ist eine ständige Herausforderung an alle Einwohner, darunter ebenso Tuareg, die in der Stadt wohnen, wie Schwarze, die in der Wüste leben. In sandsturmsicherer Kleidung, gar auf einem Kamel, kann sie eh’ niemand unterscheiden.

Das Land der Dogon

Aus ihrer Heimat vertrieben, dem sagenumwobenen Mandé, kamen sie vor über 800 Jahren in diese kahle unwirtliche Gegend im Osten Malis. Die Dogon…

Dass sie sich ausgerechnet in dieser kargen Landschaft niederließen, war Folge Ihrer Vertreibung und Lehre daraus. Das Bandiagara-Plateau, die Felsen, Klippen und Klüfte boten ihnen Schutz vor Verfolgung. Hier waren sie sicher vor den Nachstellungen Ihrer Feinde, den Angriffen kriegerischer Nachbarn, und bis vor kurzem vor allen zivilisatorischen Einflüssen der Neuzeit.

Hier bewahrten sie sich ihr kulturelles Erbe,…bis heute. Die Kunst der Dogon ist mit ihrer Religion eng verbunden. Ihre Kunstwerke, sind Ausdruck ihrer animistischen Weltsicht. Ursprüngliche Zeugnisse ihrer Kunst finden sich heute eher in den bedeutendesten Museen der Welt als im Dogonland selbst. An einem ihrer heiligsten Orte haben sich Felsmalereien erhalten. Alle 3 Jahre werden hier nach einem genau festgelegten Ritus Knaben aus der ganzen Region beschnitten.

Der oberste Priester der Dogon, der beinahe wie ein Gott verehrt wird, betritt das Guina-Haus. In diesem Haus werden die Ahnen verehrt. Der erste von ihnen, war nach seinem Tod zu einer Schlange geworden. Seither gilt die Schlange den Dogon als heiliges Tier. Vielfältige Tabus bestimmen das Leben der Dogon. Fetische schützen vor bösen Geistern.

Bestimmte Bezirke darf nur der Priester betreten. Wer dem Verbotenen zu nahe kommt, stirbt auf der Stelle. Früher trugen die Priester immer Sandalen, denn sie verfügten über so gewaltige Kräfte, dass ihre nackten Sohlen die Erde verbrannten… und alles was auf ihr wächst.

An den Dörfern der Dogon scheint die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein. Ein Dorf, ist für die Dogon kein totes Gebilde. Ein Dorf, ist wie ein Mensch, ein lebendiges Wesen. Für die Anlage ihrer Dörfer haben die Dogon ein Vorbild. Sie versuchen in der Dorfstruktur die vermeintliche Gestalt des ersten vom Schöpfergott „Amma“ geschaffenen Lebewesens nachzubilden. Entsprechend hat jedes Haus seinen festen Platz und über die reine Funktion hinaus, seine Bedeutung. Wenn die Dogon ein Dorf errichten, bauen sie daher nicht nur ein Haus neben das andere, sie versuchen ihre mythischen Vorstellungen auf die Erde zu bringen. So wie die Dogon ihre Häuser aus Lehm erbauen, so sind sie nach ihrer Ansicht auch selbst aus Lehm gemacht. Ein Mythos der Dogon erzählt wie der Schöpfergott „Amma“, nachdem er die Erde aus einem Klumpen Lehm gemacht hatte, die ersten Menschen erschuf.

Überall auf der von ihm geschaffenen Erde, formte er kleine Lehmkugeln, und machte daraus Menschen. Das erklärt auch, warum die Menschen verschieden sind, denn die kleinen Menschenklumpen, die er in Afrika formte, waren dem gnadenlosen Feuer des Himmels, der Sonne, ausgesetzt und wurden daher schwarz. Voll Stolz nennen die Dogon sich deshalb „Kinder der Sonne“.

Woher die Dogon tatsächlich kamen, weiß keiner so genau. Man vermutet aber, dass sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden, weil sie sich weigerten den islamischen Glauben anzunehmen. Am Ort ihrer Zuflucht fanden die Dogon das friedliche kleine Volk der Telem vor: Teppichweber und Hirten. Die Telem hatten ihre Wohnungen in die Felswände gebaut. Die Dogon nutzten später die Felsgrotten und Höhlen lediglich als Speicher für das Getreide und als Begräbnisstätte für ihre Toten. Von den Telem gibt es außer den Löchern im Felsen, fast keine Spuren mehr. So als habe es sie nie gegeben, oder als seien Sie nur ein Mythos der Dogon.

Typisch für die Bauweise der Dogon sind die in die Wände eingearbeiteten, aus dem festgebackenen Lehmmauerwerk herausragenden Holzbalken. Diese hölzernen Stäbe dienen als Leitern und Gerüste, wenn nach dem Regen die aufgeweichten und ausgewaschenen Lehmwände restauriert werden müssen. Heute leben etwa 250.000 Dogon in Hunderten von kleinen Dörfern, die selten mehr als 500 Einwohner zählen. Das Land der Dogon liegt mitten im Herzen von Mali, einige hundert Kilometer von Timbuktu und östlich der alten Handelsstadt Djenné.

Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Dogon ist die sogenannte Falaisé. Auf einer Länge von 200 km, bricht hier ein Hochplateau nach Süden hin steil ab zu einer weiten Ebene. Bandiagara,die größte Stadt in der Nähe dieses Gebietes, gibt diesem Felsabbruch seinen Namen „Falaisé de Bandiagara“. In der von komplizierten Mythen geprägten Gesellschaft der Dogon spielen Frauen eine untergeordnete Rolle. Von allen wichtigen Entscheidungen und Kulten bleiben sie ausgeschlossen, obwohl sie mehr und härter arbeiten als die Männer; obwohl sie die eigentlichen Ernährer der Familien sind, haben sie doch fast keine Rechte. Den Männern erscheinen die Frauen zu Zeiten als fremd, gefährlich und unrein. Das erste Haus jeder Siedlung, das wichtigste und erste, das errichtet wird, ist das Toguna; der Versammlungsort der Männer. Hier ruhen die Männer sich aus, von den Strapazen des täglichen Lebens; hier treffen sie sich, um sich zu erholen von der Verantwortung für das Leben im Dorf. Hier vertreiben sie sich ihre Zeit mit Handwerk und Tratsch. Hier halten sie ihre Versammlungen ab, die wichtigen Meetings oder tauschen einfach nur die neuesten Dorfneuigkeiten aus. Das Männerhaus mit seinem meterdicken Dach aus Ästen und Hirsestengeln hat in der felsigen Baumlosigkeit vor allem einen Zweck, es spendet den müden Männern Schatten. Togunas gibt es in jedem Dorf, in jeder Siedlung. Alle haben die gleiche Bauweisen, die gleiche Funktion, je nach der Größe der Siedlung, sind sie kleiner oder größer, einige sind spärlich, andere reicher verziert. Die Figuren auf den Holzstützen, symbolisieren und beschwören die Verbindungen der Lebenden mit ihren Ahnen. Durch die freizügige Betonung des Geschlechtlichen, wird bei diesen Figuren die Geschlechtlichkeit gewissermaßen aufgehoben.

Doppelte Wesen entstehen, die nicht auf Anhieb eindeutig zugeordnet werden können. Ob der Betrachter sie als männlich oder weiblich identifiziert, liegt zunächst nur in seinem interpretierenden Blick. Das Leben im Dogon-Land ist hart, karg und steinig die Böden. Wasser muss mühsam von weit her herangeschleppt werden. Dürftig sind die Erträge landwirtschaftlicher Bemühungen; immer mehr Dörfer am Berghang werden daher verlassen. Die Menschen ziehen hinaus in die Ebene, wo Rinderzucht und Zwiebelanbau, reicheren Ertrag versprechen. Zurück bleiben Ruinen. Zurück bleiben die überkommenen Bauweisen und Traditionen. Die alte, eigenständige Kultur der Dogon ist in Gefahr nach und nach zu verschwinden. Die Sorge ums nackte Überleben bringt die Dogon dazu ihre angestammten Gebiete zu verlassen, vertraute Lebensweisen aufzugeben. Die Weisheit der Dogon wird von der Wirklichkeit eingeholt. Einer ihrer weisen Männer hat vor einem halben Jahrhundert die Weißen als raffgierige Rationalisten charakterisiert, die aus Angst um ihr Geld immer mehr davon anhäuften und doch nie genug bekommen; weswegen sie nie glücklich werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Dogon nicht so werden wie die Weißen, dass sie etwas von der Schönheit und Beschaulichkeit ihres bisherigen Lebens in die Ebene hinunterretten, dass sie auch unter den neuen Lebensbedingungen ihre Tradition und Kultur erhalten können.  (Quelle: SWR – Dokumentation „Schätze der Welt – Erbe der Menschheit“)