Sri Lanka – Ayubowan !

Sri Lanka – Perle im indischen Ozean

Das mit den Perlen ist so eine Sache. In vielen Kulturen hatte und hat die Perle einen tiefen Symbolcharakter. Sie gelten als Symbol für Reichtum, Weisheit, und Würde. In der fest verschlossenen Auster wächst ein Sandkorn zu einer Perle heran. Doch Sri Lanka ist alles andere als eine verschlossene Auster. Es ist eine Insel mit offenen, fröhlichen Menschen, bunten Märkten, mit eindrucksvollen Landschaften, Tempeln die von einer alten Kultur und Frömmigkeit zeugen und einer einzigartigen Tierwelt.

Ich will Sie mit meinen Bildern mitnehmen und vielleicht die eine oder andere kleine Geschichte erzählen, die uns das Land ein wenig verstehen hilft. Keine Tiefenanalyse, – das wäre anmaßend. Nein; – eher Streiflichter; kKleine amüsante oder nachdenkliche Anekdoten. Und das mit der Perle ? Das ist Klischee für Tourismus-Werbung die allem und jedem ein Etikett anhängen muss.

Kleine Welle im Hafen – der Tsunami und die Folgen

An den 2. Weihnachtstag 2004 erinnern wir uns alle. Vor der Küste Sumatras ereignete sich ein Erdbeben mit einer Stärke von 9.1 auf der Richter-Skala. Die freigesetzte Energie entsprach 475 Megatonnen TNT und war damit 35.000mal so hoch wie der Atombombenabwurf auf Hiroshima. Das Erdbeben löste einen Tsunami aus der mit bis zu 35 m Wellenhöhe und einer Geschwindigkeit von knapp 800 km/h auf die Küsten der Anrainerstaaten zuraste. Mehr als 230.000 Menschenleben forderte die Katastrophe. Mit über 35.000 Todesopfern gehörte Sri Lanka zu den Ländern mit den höchsten Opferzahlen. Als ich in Hikkaduwa am Mahnmal für die Toten stehe und sehe wie sich die Palmen im Wind wiegen und die auflaufende Flut sacht eine Welle nach der anderen auf den weißen Sandstrand schiebt, stehen mir die Szenen von damals wieder vor Augen. Ich war nicht auf Sri Lanka; meine Agentur hatte mich nach Indonesien geschickt. Tagelang wartete ich in Jakarta auf den Transport nach Sumatra. Die Eindrücke der Trümmer die der Tsunami hinterließ waren erschütternd. Wasser kennt eben keine Balken! Eine andere Welle, – die Welle der Hilfsbereitschaft – rollte an. Was ist davon geblieben? Für die meisten der Betroffenen wenig oder gar nichts. Die Hilfsgelder sind zum einen Teil zurück in die Taschen der Helfenden geströmt oder im Sumpf der Korruption versickert. Das Tsunami-Frühwarnsystem, von den Machern angepriesen und hochgelobt, funktioniert nicht, weil die Infrastruktur in den betroffenen Ländern gar nicht vorhanden ist. Das haben Erdbeben in den Jahren nach 2004 deutlich werden lassen.

Warum erzähle ich das alles ? In Galle treffe ich abends auf der Strandpromenade einen alten Herrn. Er sitzt gedankenversunken auf einer Bank und blickt der Sonne nach die glutrot am Horizont im Meer versinkt. Die Takke auf dem Kopf und der ungestutzte, wallende Bart weisen ihn als gläubigen Muslim aus. Die vollverspiegelte Surfer-Sonnenbrille will dazu nicht recht passen. Ich spreche ihn an, ob ich ihn fotografieren darf. Und ohne Zögern antwortet er: „aber selbstverständlich!“. Er fragt woher ich komme, was ich auf Sri Lanka mache und wie es mir gefalle. So beginnt eine angeregte Unterhaltung. Der alte Mann erzählt, dass seine Familie schon unter der Herrschaft der Portugiesen aus Marokko nach Sri Lanka gekommen sei. Das war im 17. Jahrhundert. Sein Haus sei auch von den Fluten des Tsunami hinweg gespült worden. Ein schönes Haus, sagt er. Kolonialarchitektur im holländischen Stil, aus der Zeit als die Holländer die Portugiesen als Kolonialherren bereits abgelöst hatten. Aber; – so erzählt er weiter, er habe nach dem Tsunami Geld aus Holland bekommen, um sein Haus wieder aufzubauen, und es sei schöner als zuvor.

Er lädt mich und meine Freunde ein. In seinem Haus in der Altstadt betreibt er eine Eisdiele und ein kleines Kaffee. So geht Völkerverständigung ! Wir sitzen lange an einem der kleinen vernickelten Glastischchen und genießen unser Zimteis.

…Ach ja, da war noch etwas. Das Wort „Tsunami“ kommt aus dem Japanischen und bedeutet ungefähr so viel wie:  „kleine Welle im Hafen“. Aber klein war sie nun wirklich nicht – die Welle !       

…ein jeder soll nach seiner Façon selig werden.

Diesen Satz soll der Alte Fritz an den Rand einer Eingabe geschrieben haben in der es um die Zulassung katholischer Schulen im protestantischen Preußen ging. Sri Lanka ist buddhistisch geprägt. Die anderen Religionen Hindus, Christen und Muslime sind in der Minderheit. Der Buddhismus war nach meiner Wahrnehmung immer die friedlichste der Weltreligionen. Ich denke da an den „Frontmann des Pazifismus“, den Dalai Lama und seine Friedensbotschaft. Auch wenn man es differenziert und nicht nur oberflächlich betrachten muss: – der Umgang der buddhistischen Burmesen mit den muslimischen Rohingya zeigt uns eine andere, eine hässliche Seite, auch wenn der Konflikt nicht religiös motiviert sein mag.

Auch der Aufstand der überwiegend hinduistischen Tamilen im Norden Sri Lankas gegen die mehrheitlich buddhistischen Singhalesen ist im Kern kein religiöser. Es ist vielmehr ein Aufstand der Habenichtse gegen das Establishment. In der Rückschau betrachtet ein vorprogrammierter Konflikt. Die britischen Kolonialherren suchten für die Arbeit auf den Teeplantagen billige Arbeitskräfte und diese fanden sich leicht im benachbarten Indien. Die Fehler der Vergangenheit wurden nie korrigiert. Im Gegenteil. Die Befreiungsfront der Tamil Tigers erhielt über Jahrzehnte hinweg finanzielle Unterstützung und Waffenhilfe aus Indien. Der blutige Bürgerkrieg der über ein viertel Jahrhundert hinweg tobte hat geschätzt 100.000 Opfer gefordert. Seit 2009 schweigen die Waffen und man darf hoffen, dass der Frieden dem Land erhalten bleibt.

Die jüngste der Weltreligionen ist die „Korruption“. Eine gottlose Religion deren Treibstoff „Geld“ heißt. Sri Lanka belegt in dem von Transparency International jährlich vorgelegten Korruptionsindex Platz 91 und führt damit die untere Tabellenhälfte an. Wer die Macht hat, hat das Geld oder umgekehrt. Am letzten Tag unserer Reise bummelten wir ein wenig durch Colombo. Vor dem Präsidentenpalast stehen zahlreiche Übertragungswagen, Wasserwerfer, gepanzerte Polizeifahrzeuge und Straßensperren. Plötzlich entsteht ein Tumult. Was war geschehen? Präsident Maithripala Sirisena hatte den Regierungschef Ranil Wickremesinghe gefeuert und den umstrittenen Ex-Staatschef Mahinda Rajapakse zum Nachfolger ernannt. Wickremesinghe hält seine Entlassung für unrechtmäßig und weigert sich, den Posten zu räumen. Er forderte die sofortige Einberufung des Parlaments, um zu beweisen, dass die Mehrheit der Abgeordneten hinter ihm stehe. So schnell geht das. Sri Lanka hat zwar eine demokratisch gewählte Regierung, aber ein kleiner Funke genügt um das Gleichgewicht der Macht aus der Balance zu bringen.

Keep calm and „Curry“ on !

Das Meer und die tropische Vegetation Sri Lankas sorgen für einen reich gedeckten Tisch. Viele tropische Früchte haben Ihren Weg zu uns nach Europa gefunden. Das Angebot in Sri Lanka ist von besonderer Vielfalt. Alleine 27 Sorten verschiedener Bananen gibt es. Kochbananen sind nicht wirklich meins. Einige andere Sorten habe ich probiert und wahrlich eine Geschmacksexplosion erlebt. Das ist Artenvielfalt ! Aber es gibt noch viel mehr: Mangostanen, Holzapfel, die Mangrovenfrucht Kirella oder die stacheligen Rambutan und natürlich Ananas, Papaya, Guave, Jack-Fruit, Durian und Drachenfrucht.

Unweit eines Obststandes auf dem Markt findet sich immer ein Gewürzhändler. Auch hier das gleiche Bild. Ein Rausch für die Sinne, vor allem für Gaumen und Nase. Pfeffer, Kardamom, Muskatnuss, Vanille, Curryblatt und Mazisblüte und vor allem Zimt. Sri Lanka ist der Weltmarktführer für Zimt. Mitten im Mada-Ganga liegt auf einer kleinen Insel eine Zimtplantage. Hier dreht sich alles um die „Rinde“. Die Herstellung ist aufwändig da alle Arbeitsgänge nur manuell erfolgen können. Zunächst wird die oberste Schicht der Rinde entfernt. Danach die feine Bastschicht die den Zimt enthält vom Ast geschält. Durch den Trocknungsprozess wickelt sich der Zimt zu den Stangen auf, die hochwertigen Sorten  gelangen bei uns in den Handel. Aus den Blättern des Zimtbaumes und aus kleinen Ästen; also praktisch aus den Abfällen wird Zimtöl destilliert. Bereits im Altertum wurde Zimt als Räucherwerk benutzt. Heutzutage wird Zimt als Backzutat, zur Aromatisierung von Tees und Spirituosen sowie als Duftstoff in Parfüms und Hautpflegemitteln eingesetzt.

Sri Lanka ist das Mutterland der ayurvedischen Medizin. Bei dem Besuch eines ayurvedischen Gewürzgartens erfährt man alles über die heilsame Wirkung des Zimts. Er ist: magenstärkend, harntreibend, blutstillend, cholesterinsenkend, hilft bei Diabetes und anderen Gebrechen. Ein Pülverchen für alle Fälle. Ayurveda bedeutet übersetzt soviel wie „Wissen vom Leben“ ist also viel mehr als das Mitschwimmen auf der heutzutage so modernen „Wellnesswelle“. Die Anfänge ayurvedischer Medizin reichen zurück in das vorchristliche Jahrtausend. Das Leben ist gemäß der Ayurveda-Auslegung eine Einheit von Körper, Sinnen, Verstand und Seele. Demnach ist der Heilungsansatz ein ganzheitlicher und besteht aus Ernährungsmedizin, spirituellem Wohlbefinden und Pflanzenheilkunde. Mit der Beredsamkeit des Führers, der uns durch einen Gewürzgarten nahe Dambulla begleitet, wächst die Heilwirkung jedes Gewürzes. Alles wirkt nach einer Intensivkur von nur 3 Wochen, von Tinnitus über Neurodermitis bis hin zu Alzheimer; – für alles ist ein Kraut gewachsen. Eine ayurvedische Massage ist der krönende Abschluss der Führung. Hier kommen alle körperlichen Unzulänglichkeiten ans Tageslicht und die Diagnose des Führers lässt die Dollarzeichen in seinen Augen aufscheinen. Am Ausgang im Shopping-Bereich sind schon die Cremes und Tinkturen für die unbedingt notwendige 3-monatige Kur bereitgestellt. Die Enttäuschung ist spürbar, dass der „Patient“ allen Mühen zum Trotz nicht überzeugt werden konnte. Ich kaufe nichts ! Zu oft schon habe ich solche Verkaufsveranstaltungen erlebt. Ich will nicht in Abrede stellen, dass ayurvedische Medizin nicht eine heilende Wirkung haben kann. Aber glauben muss man eben auch daran.

Gut massiert und entspannt kann man sich anschließend ins Reich der kulinarischen Genüsse begeben. Auf unserer Reise durch Sri Lanka haben wir fürstlich logiert und königlich getafelt. Einige Hotels sind so herausragend, dass man sie einfach erwähnen muss. Das „Heritance Kandalama“, bei Dambulla oder das „Jetwing Lighthouse“ in Galle, beides Produkte aus der Formenwelt des Architekten Geoffrey Bawa. Das „Amaya Hills“ hoch auf dem Berg über Kandy und last but not least die „Heritance Teafactory“ inmitten der Teeplantagen des Hochlandes unweit von Nuwara Eliya. Hier seinen five o’clock Tea zu nehmen oder im teakholzgetäfelten Speisesaal zu dinieren, wo das 5-Gang-Menü unter silbernen Gloschen aufgetragen wird, das hat etwas von Stil und Klasse der Kolonialzeit. – Und was isst man auf Sri Lanka ? Lammcurry, Huhncurry, Gemüsecurry. Fischcurry;  – Curry, Curry, Curry. Also: “Keep calm and Curry on!”

Das fünfte Rad am Wagen

Das Tuk-Tuk ist das „sri lankischste“ aller Fortbewegungsmittel. Und das fünfte Rad am Wagen kann man lange suchen, denn ein Tuk-Tuk hat nur 3 Räder und manchmal auch nur 2-Takte. Die kleinen knatternden Flitzer sind in Thailand, Indien und Sri Lanka weit verbreitet. Die Urmutter des Vehikels ist die Piaggio Ape, die 1948 als Kleintransporter auf Basis des Vespa Motorrollers entstand. Eigentlich ein cleveres Transportmittel und billige Art der Fortbewegung. Für 5 Kilometer 200 Rupien, das ist ungefähr 1 €. In Zeiten von Klimawandel, Diesel-Gate und Fahrverboten wäre das auch in Europa eine interessante Alternative. Man müsste nur ein wenig Phantasie haben. Aber die geht unseren Politikern genauso ab, wie den „Industriekapitänen“ der Automobilindustrie. Wenn man diesen fahrbaren Untersatz mit Elektromotor ausstatten und zu einem günstigen Preis herstellen könnte, wäre das ein ideales Stadtgefährt. Dann könnte man in den Innenstädten auch das eine oder andere Fahrverbot erlassen.

In Galle werden Tuk-Tuk’s auch als Folterinstrument eingesetzt. Als ich spätabends aus der Stadt in Richtung „Jetwing Lighthouse“ fahre, dreht der Fahrer den Ghettoblaster auf:  Modern Talking – You are my heart, you are my soul ! Eigentlich dürfen Tuk-Tuk’s nicht in die Auffahrt eines Nobelhotels, aber mir ist das egal. Ich lasse mich zu den Klängen von Dieter Bohlen fröhlich beschwingt vor das Hauptportal chauffieren und nehme mir auch beim Bezahlen ausreichend Zeit. Das nenne ich Kulturaustausch!

It’s not my cup of tea…

…eine Redensart aus England die ungefähr so viel bedeutet, wie: „das ist nicht mein Ding“. Aber mein Ding ist Tee auf jeden Fall. Fast 6 Millionen Tonnen Tee werden jährlich geerntet. Nach China, Indien und Kenia liegt das kleine Sri Lanka auf Platz 4 der Erzeuger. Aber Masse sagt nichts über Klasse. Was aus Sri Lankas Tee-plantagen in die Tassen der Welt fließt ist BOP. Broken Orange Pekoe. Topqualität besten kleinblättrigen Tees. Aus 5 kg Teeblättern wird nach Fermentierung und Trocknung 1 kg  loser Tee.  

Mein Versuch die Teefabrik Pedro in Nuwara Eliya zu besichtigen scheitert an der kategorischen Weigerung das Fotografieren zu gestatten. Um große Betriebs-geheimnisse kann es wohl nicht gehen. Wie Tee hergestellt wird ist hinlänglich bekannt. Ich vermute, dass man eher vermeiden möchte, dass die Arbeitsbedingungen dokumentiert werden. Die Pflückerinnen auf den Plantagen haben eine Tagesvorgabe von 18 kg pro Tag und die bringen einen Verdienst und 5 $. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Viel besser werden die Fabrikarbeiter auch nicht entlohnt. Kein Problem. Zur „Heritance Teafactory“ gehören ein paar Teebüsche und eine kleine Manufaktur in der man den Verarbeitungsvorgang genauso gut abbilden kann, wie in einer großen Fabrik. In der Nachmonsunzeit setzt nachmittags meist sintflutartiger Regen ein, die Vormittage sind meist schön. Die regenfeuchten Teebüsche liegen im strahlenden Sonnenlicht. Auf einem Hohlweg kommen mir vier ältere Damen entgegen, die Kiepe auf dem Rücken. Behände beginnen sie die feinen Blätter abzuzupfen. Das Fotografieren ist hier problemlos.

Mit den Augen verständigt man sich; – und Fotograf und Abgelichtete haben gleichermaßen Spaß an dem kleinen Fotoshooting; – Eine willkommene Abwechselung im täglichen Einerlei. Ein paar kleine Rupienscheine wechseln den Besitzer und werden mit strahlenden Augen gerne angenommen. Möchte ich solche Momente missen ?  Not for all the tea in China !  …pardon Sri Lanka’s natürlich.

Viele Geschichten könnte man noch erzählen, von den Pirschfahrten in den Nationalparks, der Wanderung über die Horton Plain zum „Ende der Welt“ den Crazy Cliff Divers von Galle, den Stelzenfischern an der Südküste oder vom Elefanten-Waisenhaus von Pinawela. Ich hoffe Ihre Neugier ist geweckt. Packen Sie Ihre Siebensachen und reisen nach Sri Lanka, der  „Kleinen Perle“ im Indischen Ozean.